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6.3 Morphogrammatik als operationaler Formalismus der Einschreibung der différance


Es bedarf also weitergehend eines Transfers dieses Schemas, auf jenen der Positivität und Identität des Seins sich entziehenden Bereich, aus dem heraus sich die différance, chora etc. speisen. Transformation und Transposition des beschriebenen Schemas auf die Dimension der Negativität heißt solcherart, die Gründung und Applikation dieser Mechanizität in einem Rahmen, in dem nicht mehr positives Sein, nicht mehr klar bestimmbare Entitäten begegnen, in der nicht einmal mehr auf das kleinste reduzierbare Substantialitäten der Positivsprache Statt haben, die in ihrem Differenzgehalt allererst unterschieden werden könnten. Totale Reduktion des Seins heißt dann aber in letzter Konsequenz, auch Abschied nehmen von der letzten Bastion der Positivität im logischen Kalkül, heißt Abschied nehmen von der dort tradierten Wertbelegung. Abstraktion von jeglicher Wertbelegung des Formalismus gilt dann als das Vordringen auf eine Ebene, die präsemiotisch und prälogisch als reiner Strukturbereich das Zusammenspiel und Funktionieren von nondesignativen Leerstrukturen umfaßt, welche sich als Suprastrukturen demgemäß nicht mehr in der Dichotomie wahr-falsch" wiederfinden. Konsequent gewendet heißt dies, wir geben deshalb die These von der Identität des logischen Formalismus mit dem Wertformalismus von Positivität (wahr) und Negation (falsch) auf."1

Dieser Bereich, der sich nach Abstraktion von jeglicher Wertbelegung zu erkennen gibt, koinzidiert aber trotz allem nicht mit dem reinen Nichts, insofern er anders als dieses nicht als isomorpher Gegenbegriff zum reinen Sein erscheint.2Sind Sein und Nichts als isomorphe Dimensionen strukturell identisch, so gilt es, mit der Negativität eine Sphäre zu begreifen, die sich dem dualen anti von Sein und Nichts dahingehend widersetzt, als sie, einem trans folgend, dieses bipolare Raster insgesamt verläßt. Erhebt sich nun die Frage, was eine solche Abstraktion überhaupt noch beläßt, so sei zunächst umgekehrt die Frage aufgeworfen, was diese Dimension erbringen muß, welche Anforderungen methodisch an sie ergehen.

Dazu ist es hilfreich, sich der Äußerungen Foucaults sowie Derridas zu erinnern, wonach das Außen, bzw. die chora als ein Jenseits gilt, das trotz seiner Nichtfaßbarkeit ganz manifeste Konsequenzen und Determinationen im Diesseits zeitigt. Mit diesem Außen ist also eine Dynamik gegeben, die, selber den Strukturen der Positivität enthoben, diese indirekt strukturiert und dies nicht in völliger Beliebigkeit oder als totale Irrationalität, sondern in einem kontinuierlichen Funktionieren, dessen Gesetze jedoch sich der Abbildung in der Sprache entziehen. Strukturieren somit Strukturen einer Ebene Strukturen auf einer anderen, so zielt die Abstraktion von jeglicher Wertbelegung eben auf einen solchen Bereich von Strukturen von Strukturen, wobei diese aus typentheoretischen Erwägungen qualitativ voneinander verschieden sein müssen. Dabei läuft diese Verschiedenheit - wie nicht oft genug betont werden kann - nicht auf eine Preisgabe des rationalen Diskurses hinaus, sondern mißt ihre radikale Andersheit allein am Absehen von Wertigkeit. Gilt der Strukturalismus als ein System von Differenzen, das deren Spiel jedoch in der Analyse positiver Distinktionen erkennt, so kann aus der Analogie eines sich hier abzeichnenden Strukturalismus des Strukturalismus gesagt werden, daß dieser sich als ein Differenzsystem eines Differenzsystemes darstellen muß. D.h. wurden zuvor Werte erst aus ihrem gegenseitigen differentiellen Gehalt ermittelt, bzw. traten zuvor Werte in Differenz, so gilt es nun nach Abstraktion von diesen Werten, Differenzen selbs