Skizze einer graphematischen Systemtheorie

Zur Problematik der Heterarchie verteilter Systeme im Kontext der New “second-order” Cybernetics

1 Cybernetic Ontology: Hierarchie und Heterarchie komplexer Systeme

1.1 Zur Architektur heterarchischer Systeme

1.2 Zur Organisation komplexer Systeme

1.2.1 Strukturtypenbildung

1.2.2 Komplexionstypen

1.3 Zur Prozessualit�t komplexer Systeme

1.4 Zur Objektionalit�t komplexer Systeme

2. Konkretisierungen

2.1 Zum Substanz-Fetisch

2.2 Die Dinge und ihre R�nder


Skizze einer graphematischen Systemtheorie

Zur Problematik der Heterarchie verteilter Systeme im Kontext der New `second–order' Cybernetics

In den 70er Jahren ist offensichtlich die strenge Hierarchisierung und Optimierung kybernetischer Prozesse in Wirtschaft und Wissenschaften als Paradigma der 60er Jahre zu einem gewissen Abschlu� gekommen und durch eine gegenl�ufige Tendenz der Fuzzifikation (Parametrisierung, Modalisierung, Intensionalisierung usw.) aller basalen Kategorien ersetzt worden. Diese Aufl�sung der Kategorien der allgemeinen Systemtheorie und Kybernetik hat r�ckwirkend zu einer Revision und Tieferlegung der entsprechenden Kategorien und Begriffsbildung durch die Second Order Cybernetics bzw. die New Cybernetics der 80–er Jahre gef�hrt.

Die Fuzzy–Strategien sollten das alte Konzept der Stabilit�t und des Wachstums an die neuen Bedingungen einer durch Diskontinuit�ten, Instabilit�t, Undurchschaubarkeit und Wachstumskrisen gekennzeichneten Realit�t anpassen.

Die New Cybernetics versucht direkt die Anspr�che der alten allgemeinen Systemtheorie mit den neuen Bedingungen der Diskontinuit�t und Inkompatibilit�t durch sukzessive Transformation der basalen Begrifflichkeit in Einklang zu bringen. War die alte Kybernetik mit der Regelung (Optimierung usw.) von Systemen besch�ftigt, so ist die Thematik der New Cybernetics die “Regelung der Regler” der Systeme in turbulenten Umgebungen. Die New Cybernetics ist also eine Kybernetik der Kybernetik und daher von “second order”. Wie beim “Denken des Denkens” handelt es sich hier nicht um eine Iteration, die beliebig zu vollziehen w�re, denn die Second–Order Cybernetics entwickelt Gesetzlichkeiten, die umfassender sind als die ihrer Thematik, und die gewisse Abschlu�eigenschaften besitzen.

Es ist anzunehmen, da� die Transformation der systemtheoretischen und kybernetischen Begrifflichkeiten nicht im luftleeren Raum aus rein inner–theoretischen Gr�nden erfolgt ist, sondern als Reaktion auf verschiedene reale Erfahrungen, die teils aus den empirischen Wissenschaften (so etwa der Gehirnphysiologie), teils aus gesellschaftlichen, wirtschaftlichen u.a. Zusammenh�ngen stammen.

Es mu� also angenommen werden, da� die Produktivkr�fte eine Komplexit�t angenommen haben, die es nicht mehr erlaubt, sie mit den Mitteln der alten Systems Research zu erfassen und zu steuern.

Eine Managementtheorie, die weiterhin sich von den Konzepten des alten Paradigmas leiten l��t, ist wohl weitgehend dem Mi�erfolg ausgeliefert und kann sich nur auf ad–hoc–Methoden und zuf�llige Erfolge, deren Zustandekommen nicht mehr verstanden werden, verlassen.

Andererseits ist es nun gewi� nicht so, da� ein disponibles Second–Order–Cybernetics–Instrumentarium schon zur Verf�gung st�nde und es nur darum ginge, es aufzunehmen und zu applizieren. Dies wird leicht von verschiedener Seite suggeriert. Eine solche Haltung wird unweigerlich zum Mi�erfolg f�hren, da die neuen Instrumente weit weniger ausformuliert und operativ zug�nglich gemacht sind.

Die Arbeit, die zu leisten ist, l��t sich wie folgt charakterisieren:

1. Die Gr�nde f�r das Versagen der klassischen Methoden m�ssen aufgedeckt werden, d.h. die klassischen Methoden m�ssen bez�glich ihrer Effektivit�t klarer ab– und eingegrenzt werden,

2. m�ssen die neuen Tendenzen gesammelt, versammelt, aufgenommen und reflektiert, auf ihre Brauchbarkeit hin analysiert werden,

3. m�ssen die Konsequenzen aus den neuen Konzepten f�r die operativen Methoden und Instrumentarien gezogen werden.

Es besteht die Gefahr, da� die New Cybernetics sich der klassischen Kybernetik gegen�ber als blo�e Kritik, als Kritizismus erweist, der in den harten Methodologien alles von der kritisierten “positivistischen” usw. Kybernetik bezieht und selber im begriffsdialektischen Jargon der Selbstbez�glichkeit verharrt. Der Circulus Creativus regelt keinen einzigen realen Proze�, au�er den der phonetischen Zirkulation, und diese ist bekanntlich seit l�ngerem inflation�r.

Es sollen daher hier einige Konsequenzen f�r die Begriffsbildung und die formalen Methoden aus der Tendenz der New Cybernetics gezogen und semiformal expliziert werden. Die klassische Kybernetik l��t sich eingrenzen etwa durch die Bestimmung, da� sie sich mit der Regelung von System unter den Aspekten der Stabilit�t, des Wachstums, der Selbstorganisation (Selbstkorrektur usw.), der Adaption, des Lernens usw. unter den Bedingungen der H i e r a r c h i e besch�ftigt, w�hrend die New Cybernetics sich den Bedingungen der H e t er a r c h i e, der Diskontexturalit�t komplexer Systeme bzw. Systemganzheiten �ffnet, ohne dabei jedoch die erreichte Konzeptualisierung der hierarchischen Systemtheorie zu verdr�ngen. Vielmehr wird sich zeigen, da� zwischen Hierarchie und Heterarchie selbst ein komplexes Wechselspiel besteht, das durch die Proemialrelation geregelt wird.

Die Auswirkungen der Heterarchie sollen untersucht werden in Bezug auf:

1. Die Architektur komplexer Systeme

2. Die Organisation komplexer Systeme

3. Die Prozessualit�t komplexer Systeme

4. Die Objektionalit�t komplexer Systeme

Eine hierarchische Architektur der Systeme bestimmt die Grundkonzeption, die Begrifflichkeit der Systemtheorie, d.h. Systeme sind im Rahmen der allgemeinen Systemtheorie letzten Endes immer hierarchisch strukturiert oder lassen sich hierarchisieren.

Heterarchie bestimmt die Beziehung zwischen (hierarchischen) Systemen unter der Ma�gabe, da� diese sich nicht hierarchisieren lassen. Heterarchie ist also negativ bestimmt als eine Architektur komplexer Systeme, die sich nicht hierarchisieren l��t. Ein heterarchisches System l��t sich nicht ohne Verlust wesentlicher Bestimmungen auf ein hierarchisches System abbilden.

Positiv bedeutet Heterarchie, da� verschiedene zueinander disjunkte hierarchische Systeme miteinander verkoppelt werden k�nnen und so zu kooperativer Einheit gelangen, ohne die Autonomie der Teile einem �bergeordneten Meta–System abgeben zu m�ssen. Zwischen den Konstrukten Hierarchie und Heterarchie herrscht jedoch nicht wieder eine Hierarchie, so da� etwa die Heterarchie die Hierarchie umfa�t. Vielmehr besteht zwischen beiden ein komplexes Wechselspiel, dessen Regeln selbst nicht wieder hierarchisch oder heterarchisch strukturiert sind, sondern die Bedingungen der M�glichkeit der beiden Grundbestimmungen aller Systeme�berhaupt angeben, ihnen vorgeordnet sind, sie in ihrer M�glichkeit er�ffnen. Die Er�ffnung der Systemtheorie, ihr Vorspiel, d.h. ihr Pro�mion, ist kodifiziert und inskribiert in der “proemial relationship”, der Proemialrelation.

Wie Teilsysteme zu hierarchischen Systemen verkn�pft werden ist bekannt. Es stellt sich die Aufgabe, die Mechanismen der Verkn�pfung hierarchischer Systeme zu heterarchischen Systemen anzugeben. Dabei ist es wichtig die richtige systematische Ebene, bzw. den richtigen logisch–strukturellen Ort der Thematisierung zu finden.

Einer der relevantesten Gr�nde, warum hierbei an die Arbeiten des BCL (Biological Computer Laboratory, Urbana, Illinois, USA) angekn�pft wird, liegt darin, da� das BCL in einzigartiger Weise die Verkn�pfungsmechanismen von der Ebene der Theorie auf die Ebene der der Theorie zugrunde liegenden LOGIK und SEMIOTIK bzw. Ontologie, und sp�ter der der Arithmetik zugrunde liegenden Zahlkonzeption, zur�ckgef�hrt hat.

Das BCL ist hervorgetreten durch Arbeiten zu einer Theorie lebender Systeme allgemeinster Art (biologische, soziale, k�nstliche, usw.). An der Entwicklung dieser Arbeiten waren so nahmhafte Wissenschaftler wie W. S. McCulloch, H. v. Foerster, R. W. Ashby, G. G�nther, L. L�fgren, H. Maturana, F. Varela, G. Pask, St. Beer u.a. beteiligt. International bekannt wurden die Kongresse zur Begr�ndung der Theorie selbstorganisierender Systeme Anfang der 60er und die Theorie polykontexturale (G�nther) und autopoietischer Systeme (Maturana, Varela) in den 70er Jahren.

Zwei Strategien zur Entwicklung einer allgemeinen Systemtheorie lebender Systeme wurden entwickelt und haben zu den zwei wichtigsten Theorie–Entwicklungen gef�hrt:

1) Die Theorie polykontexturaler Systeme von G. G�nther

2) Die Theorie autopoietischer Systeme von Maturana und Varela.

–Die Theorie polykontexturaler Systeme zeichnet sich durch eine radikale Tieferlegung der Fundamente der wissenschaftlichen Begriffsbildung aus und leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur šberwindung der Dichotomie von Natur und Geisteswissenschaft bei Aufrechterhaltung der mathematischen Operativit�t und der hermeneutischen Komplexit�t.

–Die Theorie autopoietischer Systeme ist zwar weniger komplex, hat sich aber durch die Wahl des Calculus for Indication als Logical Framework und der klassischen Rekursionstheorie als Methodologie der Formalisierung einer breiteren –ffentlichkeit zug�nglich erwiesen.

In der Zwischenzeit ist eine R�ckbeziehung auf die erste Strategie der Tieferlegung des Ansatzes zu verzeichnen, etwa in dem Hinweis von Gordon Pask, da� die “New Cybernetics” ihre philosophischen und logisch–strukturellen Fundamente und Direktiven in der Polykontexturalit�ts–theorie (“Cybernetic Ontology”) G�nthers f�nde.

Beide Tendenzen, sowohl die Polykontexturalit�tstheorie G�nthers, als auch der Calculus for Self–Reference von Varela, setzen direkt auf der logischen Ebene an und hintergehen damit die ganze Problematik theoretischer wie informationeller Art, die zu komplizierten, den harten Kern der Problematik verdeckenden Theoriebildungen und mathematischen Apparaten f�hren.

Damit ist schon angedeutet, da� alle Theorien der Vernetzung wie auch alle Applikationen von Theoremen aus den Einzelwissenschaften wie es im Falle der dissipativen Systeme, der Katastrophentheorie, der biologischen Evolutionstheorie usw. geschieht, f�r eine direkte Analyse der Problematik nicht in Frage kommen. Der Begriff der Heterarchie mu� also so fundamental wie m�glich angesetzt werden. Da es hier nicht um eine Philosophie heterarchischer Systeme geht, ist eine Lokalisierung der Thematik auf der Ebene von logischen Systemen und ihrer Semiotik bzw. Arithmetik ausreichend und verspricht eine Darstellung, die an ausreichend Bekanntes und Fundamentales ankn�pft.

Cybernetic Ontology: Hierarchie und Heterarchie komplexer Systeme

Ein System ist dann hierarchisch, wenn alle seine Teilsysteme auf einen ihnen gemeinsamen Grund, auf ein und nur ein ihnen zugrunde liegendes System zur�ckgef�hrt werden k�nnen. Ein hierarchisches System hat demnach einen und nur einen Grund (griech. Grund= arche) und dieser ist, da er der einzige ist auch der h�chste (= hieros). Ein heterarchisches System verkn�pft, vermittelt eine Vielheit von irreduziblen, nicht ineinander zur�ckf�hrbaren hierarchischen Systemen. Als Ganzes hat es nicht einen Grund, sondern auch einen anderen (griech. anderen= heteros). Prinzipientheoretisch l��t sich somit sagen, ein heterarchisches System hat neben dem h�chsten Grund eines Systems andere h�chste Gr�nde. Jeder der Gr�nde ist der h�chste (hieros) und hat nebengeordnet andere h�chste Gr�nde, daher ist jeder hierarchische Grund auch ein Nicht–Grund, ein abgeleiteter. Der Grund und sein anderer/anderes sind in einem heterarchischen System zu einem komplexen Ganzen verbunden. Jeder Grund ist nun der ORT eines Basis–Systems, von dem aus der logisch–strukturelle und arithmetisch–semiotisch–algorithmische Apparat definiert, begr�ndet, fundiert ist, bzw. von wo aus er seinen Ausgangspunkt nimmt. Ein solches Basis–System ist charakterisiert als KONTEXTUR im Gegensatz zum Begriff des KONTEXTes der in ihm enthalten ist. Eine Vielheit von Kontexturen wird durch den Mechanismus der Proemialrelation zu einer VERBUND–KONTEXTUR bzw. einer Polykontexturalit�t verbunden.

Damit wird postuliert, da� die Beschreibung eines komplexen Systems (bekanntlich dadurch definiert ist, da� es zu seiner Beschreibung eine Vielzahl von Beschreibungsstandpunkten verlangt) nicht dadurch geleistet wird, da� die eine und einzige Logik–Arithmetik bzw. Methodik entsprechend dem Grad der Komplexit�t verschieden oft angewandt wird und so den Komplex durch einen Beschreibungsweg rekonstruiert bzw. modelliert, und als theoretisches Resultat, als Resultat einer Applikation festh�lt.

Eine solche Applikationsweise �bersieht zweierlei: einmal, da� das komplexe System als Ganzes so strukturiert ist, da� seine kooperierenden Teilsysteme qua hierarchische Systeme je zugleich bestehen, da� zwischen ihnen eine nicht reduzierbare Koordination und Kooperation besteht. Die Applikation linearisiert die Komplexit�t in ein Nacheinander von Systemen. M.a.W., der Komplex wird hierarchisiert, einmal durch die Abfolge der Beschreibungsschritte und 2. durch die metatheoretische Einvernahme durch die Hierarchie von Logik usw. und Applikation der Logik usw.

Andererseits wird stillschweigend vorausgesetzt, da� die Orte, die jedes einzelne Teilsystem einnimmt, mit den anderen kommensurabel sind, da� die Orte untereinander homogen sind, und da� daher einer Applikation der Logik, die selber einen Ort einnimmt, nichts im Weg steht, weil zwischen der Struktur, der Qualit�t des Ortes der Logik und der Qualit�t des Ortes der Applikation keine Differenz, kein Hindernis, keine KONTEXTURSCHRANKE liegt. Es wird also die Homogenit�t der Orte angenommen.

Die POLYKONTEXTURALIT�TSTHEORIE, die eine Theorie heterarchischer Systeme darstellt, geht nun davon aus, da� zur Beschreibung komplexer Systeme nicht nur eine Vielzahl von irreduziblen Stand–orten eingenommen werden mu�, sondern da� jedem Beschreibungs–standpunkt auch ein Ort im Beschriebenen entspricht. Ein heterarchisches System stellt also in sich selbst eine Vielheit dar.

Diese verschiedenen Orte, die als Platzhalter von Logiksystemen fungieren, und damit vor–logischen Gesetzen entsprechen, f�r die also der Satz der Identit�t im logischen Sinne nicht gilt, lassen sich dennoch nach Gleichheit und Verschiedenheit unterscheiden. Diese Orte sind als Platzhalter inhaltlich leer, markieren nur den Ort, den ein logisch–arithmetisches System einnehmen kann. Die Architektur und Grammatik dieser Orte wird von der Kenogrammatik (kenos = leer) erfa�t und geregelt. Heterarchische Systeme sind also verteilte, d.h. distribuierte und in ihrer Distribution kooperativ verkn�pfte Systeme, die nicht im Logischen, sondern in der KENOGRAMMATIK als allgemeiner Architektur und Grammatik (genauer: Graphematik) fundiert sind.

Die Idee eines logischen bzw. kenogrammatischen Ortes mag befremden. Bekannt ist jedoch die Konzeption des logischen Ortes einer Aussage in der formalen Logik etwa bei Wittgenstein: “3.4. Der Satz bestimmt einen Ort im logischen Raum...”. Die klassische Logik behandelt also logische Orte in einem und nur einem logischen Raum. Die transklassische Logik, die die Logik heterarchischer Systeme darstellt, untersucht die Vielheit der logischen R�ume, d.h. die Vielheit der Aussagen eines logischen Systems wird transformiert zur Vielheit der R�ume und somit zur Vielheit der Logiken.

Das Gitter oder Netz bzw. Netzwerk der Orte, das die Logiken distribuiert, geh�rt selbst nicht wieder einer Logik an, d.h. die Bedingungen der M�glichkeit der Distribution von Logiksystemen �berhaupt, die Erm�glichung derselben, kann nicht selber eines dieser Logiksysteme sein.

Die Erm�glichung der Distribution und Vermittlung von Systemen leistet die Kenogrammatik. Dies ist eines der wichtigsten Abgrenzungskriterien gegen�ber Konzeptionen wie dem Calculus for Self–Reference, den Polyautomaten, Zellular–Automaten usw. Diese sind durch eine direkte Selbst–R�ckbez�glichkeit und ohne einen Umweg (�ber die Kenogrammatik) definiert. Der Circulus Vitiosus der dabei entsteht, wird zwar erkannt, aber �berschwenglich zum Circulus Creativus oder Circulus Fructuosus erhoben.

Zur Architektur heterarchischer Systeme

Die Architektur komplexer heterarchischer Systeme wird bestimmt durch die Anzahl der logischen Orte, d.h. durch die Anzahl der Kenogramme und durch die Verh�ltnisse von Gleichheit und Verschiedenheit der Kenogramme im Kontext ihrer Verkn�pfung. Angenommen, es sei ein Komplex von Kenogrammen, gleicher und verschiedener, gegeben, dann sind prinzipiell zwei Operationen m�glich:

a) EVOLUTIVE OPERATION: zu dem bestehenden Komplex mit der Komplexionszahl m kann ein Komplex mit der Komplexionszahl m+1 erzeugt werden. Dies kann dadurch geschehen, da� ein Kenogramm des Komplexes wiederholt wird oder da� ein neues nicht in der Komplexion enthaltenes Kenogramm assimiliert, hinzugenommen wird. Au�erhalb der Komplexion unterscheiden sich die einzelnen Kenogramme nicht, sie sind f�r sich genommen Monaden und als solche untereinander isomorph, d.h. kenogrammatisch �quivalent. Die evolutive Operation ver�ndert die Komplexit�t des Systems, indem sie im Rahmen bestehender Qualit�ten neue Beziehungen erm�glicht oder indem sie neue Qualit�ten aufnimmt und damit die Qualit�t der ganzen Komplexion ver�ndert.

b) EMANATIVE OPERATION: unter Konstanthaltung der Komplexionszahl wird eine Ausdifferenzierung zu voller Komplikation oder zu einer Reduktion auf minimale Komplikation vollzogen. Emanative und evolutive Operationen bedingen sich gegenseitig. Ohne eine gewisse emanative Komplikation ist keine evolutive Operation und ohne diese keine emanative m�glich. Emanation und Evolution sind Komplement�raspekte der Architektur heterarchischer Systeme. Gem�� der Architektur heterarchischer Systeme transformiert sich das Begriffspaar System/Umgebung entscheidend. In der klassischen Systemtheorie besteht zwischen System und Umgebung eine Dualit�t, die logisch einem Negativprozess untersteht. Der Negationsoperator erh�lt hierdurch f�r die Systemtheorie eine fundamentale Funktion. Heterarchische Systeme sind dem Grad ihrer Komplexit�t entsprechend nicht blo� mit einem NEGATIONSOPERATOR ausger�stet, sondern mit mehreren. Daher sind sie multi–negationale Systeme, die in der Lage sind, a) eine vielseitige System–Umgebungs–Relationalit�t zu konstituieren und b) Umgebung nicht nur au�erhalb des Systems, sondern auch innerhalb des Systems zu bilden. Das hei�t, die Koinzidenz von System/Umgebung und intern/extern gilt f�r multinegationale Systeme nicht.

Dadurch da� heterarchische Systeme interne Umgebungen operativ konstituieren k�nnen, liefern sie die Bedingungen der M�glichkeit, d.h. den logisch–strukturellen Spielraum f�r die Simulation und Modellierung externer Systeme. Heterachische Systeme sind strukturell in der Lage sich “ein Bild von sich selbst” zu machen.

Ein strukturell ernst genommenes Simulationskonzept verlangt “architektonisch” wie auch “objekttheoretisch” eine neue Ver–Ortung au�erhalb der klassischen Dualit�t von System/Umgebung und ontologisch von Sein/Nichts bzw. Information/Bedeutung.

Die MULTINEGATIONALIT…T heterarchischer Systeme ist nicht wie die Negationskonzeption der klassischen Systemtheorie reflexiv, sondern im allgemeinen Sinne zyklisch und generiert eine umfassende Theorie von NEGATIONSZYKLEN und zyklischen Permutographen.

Vom Standpunkt heterarchischer Systeme existiert f�r die klassische Systemtheorie nicht nur eine Koinzidenz von Affirmation/Negation und intern/extern, sondern auch eine Abbildung der genannten Paare auf den Begriff der AKZEPTION. D.h. da� ein klassisch definiertes System die Dualit�t von System/Umgebung annehmen, akzeptieren mu� und sie nicht als Ganze negieren bzw. verwerfen kann. Denn die Negation bezieht sich via Dualisierung auf das Begriffspaar und hat selber keine Umgebung.

Wegen der Dynamisierung der Differenz System/Umgebung entsteht in heterarchischen Systemen zus�tzlich zur Negation noch die M�glichkeit der Verwerfung, REJEKTION, von System/Umgebungs–Dualit�ten als Ganzen und damit eine neue funktionale Bestimmung der Dualit�t System/Umgebung: Die Differenz der komplexen System/Umgebungs–Relation wird nun nicht mehr durch die Negation sondern durch die Rejektion bestimmt.

Logisch lassen sich in der hierarchisch fundieren Systemtheorie nur intra–systemische Informationen durch Junktoren zusammenfassen; das Zugleich–Bestehen von Informationen in heterogenen Systemen wird in der heterarchischen Systemtheorie durch die Operation der TRANSJUNKTION geleistet.

Das Konzept der Transjunktion ist der korrelative Aspekt der Rejektion. Die Transjunktion betont das Zugleich–Bestehen eines Systems mit der Umgebung dieses Systems. Das ist jedoch nichts anderes als die strukturelle Definition der Grenze eines Systems, nicht als limit, beschrieben vom Standpunkt des betreffenden Systems, sondern als Simultaneit�t von Innen und Au�en, beschrieben vom Standpunkt eines anderen mit ihm vermittelten Systems einer System–Ganzheit. Dagegen betont die Rejektion den Aspekt der Verwerfung, der st�rker ist als die Negation, da sie den systemischen Rahmen der Negation und Affirmation als Ganzes zu negieren, d.h. zu verwerfen vermag. Damit entstehen Stufungen im Begriff der Umgebung. Negation und Rejektion bilden ein neues Begriffspaar als Ergebnis der Explikation der Operation der Ab–Grenzung.

Die Negation der Rejektion erzeugt keine Akzeption, sondern verbleibt im Bereich der Rejektion. Diese ist also als solche negations–invariant. Auf die Gesetze des Zusammenspiels der Negation in multi–negationalen Systemen mit ihren Negations–zyklen–systemen und die verschiedenen Gerade der Rejektivit�t in transjunktionalen Systemen kann hier nur hingewiesen werden.

Heterarchische Systeme sind somit bez�glich der System/Umgebungs–Dichotomie multinegational, transjunktional, und bilden eine Ordnung von Strukturtypen gem�� der Kriterien Designation und Non–Designation und von Komplexionstypen gem�� den Strukturen der Verkettung, Verkn�pfung und Verschmelzung zwischen Elementar–Kontexturen, die durch die Fundierungsrelation im Ganzen der Komplexion geortet sind und die durch die Objektionen des polykontexturalen Objekts spezifiziert sind bzw. durch ihre Komplexit�t die Objektion des Objekts definieren.

Zur Organisation komplexer Systeme

Auf der Basis einer architektonischen Komplexit�t eines Systems lassen sich verschiedene Organisationsformen definieren. Damit wird die Vielheit der architektonischen M�glichkeiten, die Komplexit�t und Kompliziertheit der Architektur basaler Systeme strukturiert. Komplexe Systeme sind bez�glich der Unterscheidung von Subjekt und Objekt der Thematisierung neutral, jedoch nicht in dem Sinne da� sie wie in der klassischen hierarchischen Systemtheorie Subjektivit�t objektiviert und verdinglicht einem hierarchischen Systemkonzept unterworfen wird. Komplexe Systeme implizieren Subjektivit�t und Objektivit�t ab ovo. D.h. ihre Begriffsbildungen sind epistemologisch angeordnet noch vor der Unterscheidung von Subjektivit�t und Objektivit�t.

Strukturtypenbildung

Da komplexe Systeme Subjektivit�t implizieren und das Subjekt der Thematisierung in ihre Systematik aufnehmen, also eine Einheit von Thematisierung und Thematisiertem, System und Systembildungsprozess darstellen, lassen sich �ber dem allgemeinen Systembegriff Strukturdifferenzen bez�glich Subjektivit�ts– und Ojektivit�tskomponenten feststellen. Diese Differenzen, die die Organisiertheit einer Architektur definieren, geben eine Typologie der Strukturen ab, und werden zu STRUKTURTYPEN zusammengefa�t.

Das Kriterium der Unterscheidung der Strukturtypen in einen objektiven und einen subjektiven, d.h. in einen thematischen und einen thematisierenden Aspekt, ist die Differenz von Designation und Non–Designation der Elementarkontexturen. Dabei ist diese Differenzierung von Verbundkontexturen durch das Kriterium von Designation und Non–Designation nicht statisch, sondern l��t je nach Komplexit�tsgrad Partitionen im Deutungsprozess zu. Die Partitionen geben den Spielraum an als was sich ein System im Selbstthematisierungsprozess deutet. Zwischen Designation und non–Designation besteht eine Asymmetrie zugunsten der Designation. Die Strukturtypenbildung liefert das logisch–strukturelle Instrumentarium f�r eine Theorie der Modellierung und Simulation von Systemen unter den Bedingungen der Komplexit�t, d.h. der Einbeziehung des Subjekts der Modellierung, Thematisierung und Simulation in den Bereich der Abbildung. Durch die Selbstreferenz dieses Abbildungskonzepts ver�ndern sich f�r die Simulation die Grundbestimmungen von Zeit, Raum und Modalit�t.

So ist ein post–industrielles Produkt nicht mehr charakterisiert durch das hierarchische Gef�lle von M�glichkeit, Wirklichkeit und Notwendigkeit im Rahmen einer linearen Zeitstruktur, sondern ein Komplex von Modalit�ten, der selbst inverse Zeitverl�ufe impliziert und weitgehend bestimmt wird durch den Einsatz von Simulationsprozessen f�r die sich das Verh�ltnis der Modalit�ten von M�glichkeit und Wirklichkeit umkehrt.

Komplexionstypen

Die Architektur komplexer Systeme wird bestimmt durch den Grad an iterativer und akkretiver Komplexit�t und Komplikation. Dieser gibt als solcher keine Auskunft �ber die m�glichen Verkn�pfungsstrukturen der einzelnen iterativ und akkretiv bestimmten Verbundkontexturen einer jeweiligen Komplexionsstufe. Die interne Strukturation bzw. Organisation der Verbundkontexturen wird durch die Arten der Verkettung, Verkn�pfung und Verschmelzung der einzelnen Elementarkontexturen untereinander definiert. Insofern als die Kenogrammatik der Iteration und Akkretion von Kontexturen negations–invariant ist, d.h. nicht nach den Regeln der identit�tstheoretischen Gleichheit funktioniert, gelten f�r die KOMPLEXIONSTYPEN die entsprechenden Abstraktionsregeln. Die m�glichen Komplexionstypen reduzieren sich damit auf die graphentheoretisch formulierten Figuren der Baumstrukturen, die figurativ zwischen Linie und Stern die Skelettstruktur der Polykontexturalit�t komplexer Systeme bestimmen.

Zur Prozessualit�t komplexer Systeme

Da komplexe Systeme aus relativ autonomen Teilsystemen bestehen, kann ein Proze� in einem Teilsystem anfangen und a) in ihm verweilen, ITERATION oder b) in ein anderes Teilsystem�bergehen AKKRETION. Prozesse k�nnen relativ frei von einem Teilsystem zu einem anderen und zur�ck wechseln. Ein Proze� kann als ein–kontexturaler in einer Kontextur starten und in mehr als einer weiteren Kontextur als polykontexturaler Proze� sich fortsetzen.

Damit ist die Grundlage f�r eine irreduzible POLY–PROZESSUALIT…T angeben. Die komplexen Ph�nomene der Mehrzeitigkeit, der Gegenzeitigkeit und der Polyrhythmie wie auch die Dynamisierung von Entscheidbarkeit und Unentscheidbarkeit in formalen Systemen lassen sich hierdurch explizieren. Die allgemeine Konzeption der Prozessualit�t in komplexen bzw. heterarchischen Systemen transformiert grundlegend Apparat und Konzeption der Operativit�t und der Entscheidung.

Das heute aktuelle Programm der Parallelisierung von Prozessen (in Hard– und Software), die Entflechtung und Dezentralisierung von Entscheidungsbefugnissen usw. steht trotz aller Dynamisierung unter dem Diktat des unilinearen Konzepts der Operativit�t. Wenn versucht wird, m�glichst viele Prozesse von der Sukzession zur Simultaneit�t (Parallelit�t) �berzuf�hren, darf nicht vergessen werden, da� dies auf der Basis der klassischen Kalk�l–, Automaten–, usw. und der String–Theorie geschieht, f�r die gerade das Prinzip der Linearisierbarkeit aller operativer Prozesse charakteristisch ist. Alle operativen, dem Satz der Identit�t bzw. der Finitheit und Eindeutigkeit unterstellten Prozesse, lassen sich linearisieren. Die Mehrlinigkeit erzeugt keine Erweiterung der Operativit�t, einzig eine Minderung der Operationszeit (s. Komplexit�tstheorie der Algorithmen). Diese –konomisierung der Operativit�t in klassischen Systemen mit parallelen Prozessen, deren Abgrenzung durch die bekannten Limitationstheoreme (G�del, Church, Markov) markiert ist, l��t sich radikal steigern, wenn die Parallelit�t und Simultaneit�t vom intra– zum trans–systemischen logisch–strukturellen Ort verschoben wird. Parallelit�t nicht blo� innerhalb des einen universellen Systems, sondern “Parallelit�t” einer Vielheit von “universellen Systemen”, die intrasystemisch die klassische Konzeption der Parallelit�t aufbewahren, kennzeichnet den Schritt von der Prozessualit�t und Operativit�t hierarchischer zur Poly–Prozessualit�t heterarchischer Systeme.

Eine Konsequenz aus der algorithmischen Polyprozessualit�t ist nun, da� der Begriff der Unentscheidbarkeit, der den Rahmen der intrasystemischen Operativit�t regelt, selbst dynamisiert wird. Was in einem algorithmischen System unentscheidbar ist, kann sich in einem anderen komplexen System durchaus als entscheidbar erweisen. Daraus ergeben sich neue M�glichkeiten der Konzipierung und Realisierung von Systemen mit Selbstorganisation, Selbstreproduktion, Selbstkorrektur usw. Wegen der prinzipiellen Linearisierbarkeit von algorithmischen Prozessen in hierarchischen Systemen ist der Entscheidungsweg durch ein Labyrinth eindeutig und nicht–zirkul�r. Der Weg hin ist gleich dem Weg her, m.a.W., von einem Anfangspunkt zu einem Endpunkt und zur�ck gibt es prinzipiell einen und nur einen Weg. F�r eine Entscheidungstheorie bedeutet das, da� in ihr keine transkontexturalen šberg�nge von einer Kontextur zur anderen m�glich sind. Der Entscheidungsspielraum ist also eingeschr�nkt auf die intra–kontexturale Alternative, ohne die M�glichkeit ihrer Verwerfung.

Polyprozessuale Systeme lassen Raum f�r das Zusammenspiel von kognitiven und volitiven Prozessen, ohne da� deren Heterarchie gest�rt werden mu�. Ein Kennzeichen der Heterarchie von Polyprozessen ist, da� deren Intransitivit�ten etwa bei Entscheidungsprozessen zwanglos im Rahmen der polykontexturalen Logik mit Hilfe der Operation des transkontexturalen šbergangs dargestellt werden kann. Kommunikationsprozesse im Zusammen–hang mit transkontexturalen šberg�ngen implizieren die M�glichkeit einer neuen Theorie von Kodifikation und Dekodifikation, insofern als in komplexen Systemen neben dem Binarismus von Affirmation und Negation auch der Rejektionsfunktion, die den transkontexturalen šbergang regelt, mit einer polyadischen Informationstheorie entsprochen werden mu�. Es entsteht die Notwendigkeit der Entwicklung einer sogenannten trans–medialen Kodifikationstheorie, die die klassische monokontexturale Informations– und Kommunikationstheorie abl�st.

Zur Objektionalit�t komplexer Systeme

Das Objekt (Element) der klassischen Systemtheorie wird ontologisch durch das Substanz–Attribut–Schema bzw. logisch durch das Individuum–Pr�dikat–Schema definiert und untersteht dem Identit�tsprinzip, das insbesondere f�r den Substanzbegriff, aber auch f�r die einzelnen Attribute, auch trotz einiger Dynamisierungen, etwa durch die Fuzzifikation oder die Konzeption einer parakonsistenten Logik und Mengenlehre, seine G�ltigkeit realisiert.

Die G�ltigkeit des Identit�tsprinzips f�r den Objektbegriff besagt, da� f�r die klassische Systemtheorie das Objekt prinzipiell kontextunabh�ngig definiert ist. M.a.W., die Substituierbarkeit des Objekts und dual dazu seine beliebige Verkn�pfbarkeit (Konkatenation) mit anderen Objekten ist Ausdruck der Herrschaft des Identit�tsprinzips. Das klassische Objekt kennt nur die Differenz von Substanz und Attribut innerhalb einer Kontextur, es ist also monokontextural. In der Logik wird das Individuum eingef�hrt�ber eine Reflektion auf die Subjekt/Pr�dikat–Relation von S�tzen, deren Logik durch die Aussagenlogik bestimmt wird. Die Aussagenlogik mit ihren zwei Wahrheitswerten ist das logische Modell einer Mono–kontextur. Da der Begriff des logischen Objekts (Individuum) erst in der durch die Aussagenlogik fundierten Pr�dikatenlogik erscheint, ist es sekund�r und im Allgemeinen extensional eingef�hrt und wird nicht durch die kontexturale Begrifflichkeit definiert.

Im Gegensatz dazu wird der polykontexturale Oberbegriff direkt als eine SPEZIFIKATION der Elementarkontexturen einer Verbundkontextur eingef�hrt. Die Objektivit�t des polykontexturalen Objekts wird also kategorial durch die Spezifikation der Elementarkontexturen und nicht �ber eine Reflektion auf intra–kontexturale Bestimmungen und auch nicht in Bezug auf Kontekturverh�lnisse bestimmt. Korrelativ zur Einf�hrung des polykontexturalen Objekts wird eine Elementarkontextur objektional durch ihre Relation zu den anderen Elementarkontexturen spezifiziert, charakterisiert und konkretisiert. Eine Elementarkontextur als Selbst–Zyklus ist durch ihre objektionale Charakterisierung eingebettet in den Gesamtzusammenhang der Verbundkontexturalit�t, ist also fundierter Teil des Ganzen, spiegelt die Verbund–Kontexturalit�t in sich und ist nicht eine isolierte Monokontextur ohne Umgebung. Ein polykontexturales Objekt gib an, als was die einzelnen Kontexturen im Verbund fungieren. So gibt eine Ver�nderung des Objekts eine Funktionsver�nderung der Verbund–Struktur an.

Die polykontexturale FUNDIERUNGSRELATION fundiert nicht Objekte, sondern Relationen und Funktionen zwischen Kontexturen vom Standpunkt einer oder mehrerer anderer Kontexturen des Verbundes, die als Elementarkontexturen fungieren. Die Fundierungsfunktion fundiert den relationalen Zusammenhang der Gesamtstruktur auf der Basis vorgegebener Kontexturen. Der Standpunkt, von dem aus eine Kontextur thematisiert wird, ist zwar funktional als konstante, kontextural als Elementarkontextur, jedoch nicht als Objekt definiert. Eine Konstante l��t sich relational als Reflexivit�t, Selbstzyklus bestimmen und kann daher als Elementarkontextur interpretiert werden. Ein Objekt ist definitorisch nicht selbst–zyklisch, sondern in Relation zu allen anderen Elementarkontexturen eingef�hrt, also polyrelational. Das polykontexturale Objekt nimmt auf Grund seiner internen Komplexit�t nicht einen, sondern mehrere Orte simultan ein, es ist also polylokal. Das reine poly–lokale Objekt in Absehung jeder kontextur–logischer Thematisierung, bezogen nur auf seine Architektur bzw. Komplexit�t seiner Substanz, als reines Dies–da, ist bestimmt allein durch die Struktur seiner –rtlichkeit, und diese wird notiert in der Kenogrammatik als MORPHOGRAMM.

Der klassische Objektbegriff mit seiner Dualit�t von Substitution und Konkatenation fundiert das Prinzip der Modularit�t.

F�r den ganzheitlich bzw. heterarchisch definierten Objektbegriff ver�ndert sich die Dualit�t von Substitution und Konkatenation dahingehend, da� diese nicht mehr unter dem Diktat der Identit�t steht. Das hei�t, da� bei der Konkatenation von Objekten zu System sich diese in ihrer Bestimmung ver�ndern. Die Identit�t eines polykontexturalen Objekts vollzieht sich im Gebrauch, in der Funktion des Objekts im Gesamtkontext und ver�ndert sich im šbergang zu einem anderen Kontext. Die Identit�t des Objekts bewahrt sich nur in intra–kontexturalen Prozessen. Vom Standpunkt der Polykontexturalit�t ist das klassische Identit�ts–prinzip also ein abgeleitetes, ein Spezialfall der ganzheitlichen kontexturalen Dynamik des heterarchischen Objekts.

Die G�ltigkeit des Prinzips der Modularit�t ist also auf sehr spezielle Systeme eingeschr�nkt. Wird es nicht in seiner Beschr�nktheit eingesetzt, ergeben sich Kollisionen, die dadurch entstehen, da� die šberdetermination der Bestimmungen der Objekte nicht zur Harmonie gebracht werden kann. Andererseits besteht nicht die Notwendigkeit, da� ein heterarchisches Objekt vollst�ndig in einem Konnex eingebettet sein mu�, um den Bedingungen einer Gesamtfunktion zu gen�gen. Die Komplexit�t des Objekts l��t es auch zu, da� es zugleich in mehreren parallelen oder gegenl�ufigen, konkurrenten Konnexen oder Prozessen seine Funktion erf�llt. Diese Bestimmungen sind relevant f�r die sogenannte Schnittstellenproblematik, wie sie in verschiedenen konkreten Systemen auftritt.

Konkretisierungen

Kritik der Verschiebung von heiligen K�hen wie “Komplexit�t”, “Flexibilit�t”, “Kontextsensitivit�t”, usw., und insbesondere “Selbst (R�ck)bez�glichkeit” von der “industriellen”, �konomischen Syntax und Semiotik in die Semantik, Pragmatik und in sonst eine Kommunikations–theologie.

Der Bedeutungswandel eines Objekts beim Wechsel seines Kontextes bzw. Konnexes, der Funktionswandel eines industriellen Produkts beim šbergang von einer Bearbeitungsweise zur anderen betrifft nicht nur seine Bedeutung oder seine Relevanz f�r die weitere Verarbeitung, sondern auch seine “syntaktische” Struktur. Das was das Objekt in seiner Seinsweise bestimmt ist sein Gebrauch. Der Gebrauch bestimmt jedoch nicht blo� die Bedeutung des Objekts, so da� sein materielles Substrat invariant bliebe und blo�er Tr�ger von Bedeutung, Revelanz und anderer Interpretamente zu sein h�tte. Die Idee des materiellen Tr�gers von Bedeutungen bzw. Attributen hat zur Voraussetzung ein homogenes Raum–Zeit–Kontinuum in dem sich der Tr�ger d.h. die Substanz als Identit�t konstituiert. Ein noch so komplexer Mechanismus von Standpunkt und Relevanzwechsel �ndert an der prinzipiellen Monokontexturalit�t des Substanzbegriffes nichts. M.a.W. die Substanz als Tr�ger von Bedeutungsdifferenzen verhindert die Entflechtung der Standpunkte, Relevanzen usw. Die Substanz als letzte Instanz subordiniert die Differenzen der Bedeutungswechsel unter das Prinzip der Identit�t und der Monokontexturalit�t.

D.h. also, da� auf der materiellen Ebene der industriellen, oder soll man sagen, der post–industriellen Produktion alles beim alten bleibt, und sich die Komplexit�t und die Probleme ihrer Verarbeitung erst auf der Ebene der informationellen Produktion, d.h. der Organisation, Planung, Steuerung und Interpretation aufdr�ngen.

Im Modell der Tektonik formaler Systeme bedeutet das eben Angedeutete, da� zwar in der Semantik und eventuell in der Pragmatik eine Pluralit�t und Differenziertheit eingef�hrt wird, jedoch auf der Basis einer Monoformit�t der Syntaktik und ihrer zugrunde–liegenden Semiotik. Da sich formale Systeme arithmetisieren, d.h. eindeutig auf die Reihe der nat�rlichen Zahlen abbilden lassen (G�delisierung), reduziert sich die Polyformit�t der Semantik auf die durch die Syntaktik diktierte Monoformit�t. Einfacher l��t sich sagen, da� die Vielheit der semantischen Sorten, Typen usw. auf die Einzigkeit des syntaktischen Alphabets zur�ck zu binden sind.

Ist man einmal im Bereich der formalen Systeme, der Rekursions– und Algorithmentheorie angelangt, lassen sich leicht die Theoreme der Entscheidbarkeit/Unentscheidbarkeit, Kreativit�t (von Funktionen), Probleme der Selbst–Bez�glichkeit (–Organisation, –Produktion, –Reparatur, usw.) ins Spiel bringen und zwar einmal von der Grundlagenforschung aber auch vom applikativen Standpunkt (von Neumann, L�fgren, Zuse u.a.).

Nur von diesem monokontexturalen Standpunkt aus ist es richtig von einer “strukturellen Unm�glichkeit der vollautomatischen Produktion elektronischer Objekte” zu sprechen. Richtig ist, da� f�r Prozesse mit einer Strukturzahl gr��er 3 derzeit Menschen die Tr�ger von Kreativit�t usw. sind. Da in der sog. Natur Lebensprozesse entstehen und vergehen ohne menschliches Dazu–Tun; also Selbstproduktion, Autopoiesen, usw. unabh�ngig vom Menschen existieren und es gerade das erkl�rte Ziel der biologischen Kybernetik ist, diese Prozesse im technischen Artefakt zu wiederholen im Bewu�tsein, da� der Mensch auch ein biologisches Wesen ist –, stellt sich die Frage nach der Machbarkeit einer “voll–automatischen Produktion elektronischer Produkte”.

Werden die heiligen K�he von der Semantik in die Syntax und weiter getrieben, dann mu� die Selbstreferentialit�t auch auf dem Felde der materiellen Produktion, d.h. auf der Ebene der materiellen Bauteile, Baugruppen, Apparate, Automaten usw. zu finden sein.

Zum Substanz–Fetisch

Einmal mu� der Mythos der materiellen Gegebenheit von Produkten, der Substanz–Fetisch, gebrochen werden und die Strukturen der Selbstproduktion von Produkten au�erhalb monokontexturaler Bedingungen analysiert und als technisch wiederholbar postuliert werden.

Es brauchen keine tiefgehenden ontologischen Untersuchungen angestellt zu werden; obwohl das Ganze hier tats�chlich nur im Rahmen einer fundamentalen Kritik der klassischen Ontologie darstellbar ist, dies sollte im Hintergrund immer mitbedacht werden. Mit einfachen Ad hoc–L�sungen ist hier nichts getan um klar zu machen, da� ein Objekt nicht selbstgegeben ist, sondern nur durch seine Thematisierung, durch seinen Gebrauch zu dem wird was es “ist”. So ist etwa ein Kondensator eben nicht einfach ein Kondensator, sondern je nach dem, ob er im Einkauf, in der Fertigung, im Einbau, bei der Messung und Pr�fung, vom Techniker, Eink�ufer, Arbeiter, Physiker, Chemiker, usw. usf. bestimmt wird. F�r sich allein, ohne Gebrauch, ist der Kondensator gar nicht existent. Seine abstrakte Benennung als Kondensator ist f�r sich auch nur ein Gebrauch. Daraus folgt nicht, da� es eine abstrakte Eigenschaft gibt, die nun zum Tr�ger aller anderen Eigenschaften dienen k�nnte. Es ist also nichts Mysteri�ses im Spiel, wenn gesagt wird, da� ein Produkt seine Identit�t wechselt, wenn es von einem funktionalen Zusammenhang zu einem anderen �bergeht. Dieser Identit�tswechsel bezieht sich also nicht nur (sekund�r) auf organisationelle und andere funktionelle Aspekte, die sich im Modell semantisch interpretieren lassen, sondern auch auf den ontologischen, d.h. auf den objekttheoretischen Aspekt. Dieser ist jedoch prim�r nicht semantischer und pragmatischer, sondern wohl eher syntaktischer Natur. Statt von einer syntaktischen m��te man genauer wohl von einer kategorialen “Natur” sprechen. Betont werden soll nur der prim�re Charakter der Untersuchung und die Abweisung von falschen Verschiebungen.

In der Terminologie der Kontexturalit�stheorie l��t sich sagen, da� ein Objekt nicht wesentlich besteht aus einer Substanz und ihren Attributen, dies ist bekanntlich die ontologische Basis der Pr�dikatenlogik –, sondern aus dem “proemiellen” Wechselspiel von Substanz und Attribut. Was Substanz ist in einem Zusammenhang kann Attribut sein in einem anderen und umgekehrt. Da es eine Vielheit von Attributen je Substanz gibt, ist bei einem solchen Wechsel automatisch die Einheit der Substanz aufgel�st. Wenn die Substanz in sich eine Vielheit darstellen kann, dann ist damit das Identit�tsprinzip, das ja die Basis der Logik hergibt, aufgel�st. Der klassische Substanzbegriff ist monokontextural und zwischen Substanz und Attribut besteht eine strenge Hierarchie. Ein Wechsel des Verh�ltnisses ist nicht m�glich; da dies sich doch aufdr�ngt, wird der ganze Umtauschmechanismus in den Bereich der Attribute verschoben, wo er eine Stufen– und Typentheorie generiert, die die Grundlage f�r vielf�ltige Modellierungsm�glichkeiten liefert. Diese Vielfalt bleibt jedoch hierarchisch fundiert in der Pr�dikatenlogik. Die polykontexturale Konzeption dessen was ein Objekt ist, besagt also, da� die klassische “Substanz” von der Einheit und Identit�t zu einem Verbund von Kontexturen und das strenge hierarchische Verh�ltnis von Substanz/Attribut in ein komplexes Umtauschverh�ltnis von Kontext und Kontextur nach Ma�gabe der Komplexit�t der Polykontexturalit�t und der Kompliziertheit der Kontexte �berf�hrt wird. Dieser šbergang ist immer wieder am konkreten Beispiel, Tatbestand zu wiederholen, vorzuf�hren, sowohl auf der begrifflichen Ebene (Dekonstruktion) wie auf der Ebene der Formalismen.

Die Polykontextur als Auffassung der Objektivit�t, Wirklichkeit usw. erscheint nun in Kollision zu geraten mit der These, da� etwa zwischen elektro–mechanischen und mikroelektronischen und gar biotechnischen Objekten eine strukturelle Z�sur besteht und zwar solcher Art, da� nur f�r die letzteren Kategorien wie Standpunktrelevanz, Kontext, Komplexit�t, usw. f�r ein ad�quate Beschreibung des Objektbereichs von Nutzen sind, die ersteren jedoch leicht unter das klassische Substanz–Attribut–Schema subsumierbar seien und sich damit der Einsatz einer polykontexturalen Objekttheorie, die keinen Unterschied zwischen den beiden Objektypen macht, er�brigt.

Hier wird vergessen, da� die polykontexturale Objekttheorie eine rein strukturelle Theorie ist und da� die Frage nach der Komplexit�t eines Objekts nicht allein durch das Objekt, als w�re es von jedem Gebrauch, Kontext, Relevanzzusammenhang isolierbar, bestimmt wird. Welcher Grad von Komplexit�t einem Objekt zugeschrieben werden mu�, ist abh�ngig vom Grad der Verkn�pftheit mit anderen Objekten, also vom Konnex.

Die ganze Mechanik des Kontextwechsels kann sich bei klassischen Objektzusammenh�ngen als v�llig �berfl�ssig und die klassische Beschreibung als ausreichend erweisen. Erst wenn Widerspr�che, paradoxale Situationen usw. auftauchen, stellt sich die Alternative, ob mit der klassischen Konzeption noch zu fahren ist, oder ob eine grundlegende Kurs�nderung vorzunehmen ist. Mit der Einf�hrung des polykontexturalen Ansatzes wird automatisch einsichtig, da� die klassische Konzeption eine echte Teiltheorie der neuen ist, und da� es daher von der alten Konzeption aus keinen nat�rlichen, einfachen šbergang zur Polykontexturalit�t gibt. Daher ist auch schon ein Objekt, das bis dahin mit einer Substanz–Attribut bzw. Subjekt–Pr�dikat–Terminologie ausreichend beschrieben wurde, als polykontextural bestimmbar je nach dem in welchem strukturellen Zusammenhang es verwoben ist bzw. in welche Konnexit�t es gesetzt wird.

Die Dinge und ihre R�nder.

Der klassische auf dem Identit�tsprinzip basierende Dingbegriff hat f�r die Randzonen der Dinge keinen Sinn. Der Dingbegriff der klassischen Ontologie gipfelt in der extensionalen Auffassung des Dinges. Die Extension bestimmt den Umfang des Begriffes und insofern als die Extension des Begriffes durch seine Merkmale bzw. Pr�dikate bestimmt wird, ist der Rand eines Begriffes klar und deutlich bestimmt. Begriffe sind distinkte Einheiten. Einzig in der Anwendung taucht die Frage nach der Unsch�rfe des Begriffsumfanges auf. Auf der begrifflichen Ebene ist der Umfang eindeutig bestimmt durch seine Merkmale, ein Element wird von einem Begriff abgedeckt oder nicht abgedeckt tertium non datur. Auch die intensionale Auffassung h�lt am Satz vom ausgeschlossenen Dritten fest.

Da Begriffe durch Abstraktion gewonnen werden, egal wie die Abstraktionsleistung selbst bestimmt wird, ist f�r sie eine weitere M�glichkeit einen Begriff zu entsch�rfen w�re die Komplexit�t eines Begriffs in dem er irgendwo fungiert, dies wird jedoch in der klassischen Theorie dadurch abgewiesen, da� die These von der (prinzipiellen) Erreichbarkeit, Zug�nglichkeit postuliert wird. Gerade am Beispiel der Quantenmechanik l��t sich diese Problematik gut studieren, Komplexit�t ist kein Grund f�r Unsch�rfe. Unsch�rfen lassen sich eher schon durch Standpunktwechsel erzeugen. Die Frage ist blo� was Standpunktwechsel bedeutet und welchen “Stellenwert” er innerhalb eines Begriffsystems bzw. eines Begriffserzeugungssystems einnimmt.

Eine Aufnahme von Unsch�rfe in den Begriff bedeutet ja genau genommen nichts anderes als eine Vermittlung von Quantit�t und Qualit�t, d.h. Zahl und Begriff. Man hat nun innerhalb der klassischen Logik zwei M�glichkeiten, einmal kann der Begriff unter die Quantit�t subsumiert werden, der Begriff wird der Zahl angeglichen, dies ist etwa bei der Fuzzy–Konzeption der Fall, oder die Zahl kann dem Begriff angeglichen werden, hier ist es schon schwieriger Beispiele zu finden. Zu erw�hnen w�ren die Forschungen der Jungschen Tiefenpsychologie und die Synthesen der neo–pythagoreischen Harmonienlehre der “Harmonik” (Haase, Kayser), aber auch die Forschungen zur vorplatonischen Philosophie (Lohmann) und zur ungeschriebenen Lehre Platons (Gaiser, Kr�mer). Es zeigt sich, da� die Fuzzy–Konzeption komplement�r ist zu den neopythagoreischen Zahlenspekulationen. Fuzzy–Sets und Zahlenmystik bestimmen die erste Etappe der Abl�sung von der klassischen Dichotomie von Begriff und Zahl. Beide Konzeptionen bringen jedoch die Komplementarit�t von Zahl und Begriff nicht zur Geltung.

Copyright 1985 Dr. Rudolf Kaehr. This material may be freely copied and reused, provided the author and source are cited



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